Labeldschungel: Die Qual der Wahl
Du versuchst, nachhaltige Kleidung zu kaufen? Das ist nicht immer leicht. Denn es gibt unzählige Label, die die Textilien nach ganz unterschiedlichen Kriterien bewerten. Ein Wegweiser, der dir den Weg durch den Label-Dschungel erleichtert.
Im deutschsprachigen Raum gibt es mehr als 1000 Labels – Tendenz steigend. Wer soll da noch den Durchblick haben? In einer Studie der Universität St. Gallen gab jede*r zehnte Befragte an, Labels als unverständlich und unglaubwürdig zu empfinden. Eine Hilfe ist die Website labelinfo.ch von Pusch, der Schweizer Stiftung Praktischer Umweltschutz. Dort kannst du nach einzelnen Labels suchen und dir etwa eine Übersicht über die 30 wichtigsten Textil-Gütesiegel zeigen lassen. Manche davon richten ihr Augenmerk auf Ökologie, andere auf Soziales, Fairen Handel (Fair Trade) oder auf Gesundheit, die meisten berücksichtigen mehrere Gebiete.
Es ist immer noch ziemlich herausfordernd, sich 30 Siegel zu merken. Hier ein paar Tipps, wie du ein wenig klarer sehen kannst.
Faustregeln: Gute Label erkennen
- Je unabhängiger, desto besser: Tendenziell sind Label besser, die nicht eine Firma allein verantwortet.
- Je grösser die Organisation, die dahintersteckt, und je unabhängiger sie vom Handel ist, umso besser.
- Auch nach links und rechts schauen: Wer viele nachhaltige Textilien im Angebot hat und nicht nur einige wenige, der betreibt eher eine ehrliche Nachhaltigkeitsstrategie.
Noch einfacher geht es so: Aus 30 mach 5. Wenn du diese fünf Siegel auf dem Etikett der Kleidung findest, die du kaufen möchtest, dann kannst du mit ruhigem Gewissen zugreifen.
1. GOTS: Siegel für biologisch erzeugte Naturfasern
Herausgeber: internationale Arbeitsgruppe für Textilien aus biologischer und sozialverträglicher Produktion aus den USA, Deutschland, Japan und UK
Kriterien: Ökologie, Soziales, Gesundheit
Das Global Organic Textile Standard (GOTS) Siegel gehört zu den bekanntesten Textilstandards. Er deckt Herstellung, Konfektion, Verpackung, Kennzeichnung, Handel und Vertrieb ab und ist sehr streng. Wer das Siegel erhalten will, muss mindestens 70% der Kleidung aus Bio-Naturfasern herstellen. Das ist meist Baumwolle, aber das Siegel wird für alle Naturfasern vergeben. Sobald ein Produkt sogar aus mindestens 95 Prozent zertifizierten Naturfasern besteht, darf es das Label «Bio» oder «organic» tragen. Darunter muss der Anteil angegeben werden.
Weiterführende Infos: Global Organic Textile Standard
2. Naturtextil BEST
Herausgeber: Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft für schadstofffreie, umwelt- und sozialverträglich produzierte Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern (IVN)
Kriterien: Ökologie, Soziales, Gesundheit
«Das Siegel ist das ökologisch strengste Siegel am Markt», urteilte bereits 2018 die Umweltorganisation Greenpeace, die immer besonders streng urteilt. «Es reguliert die gesamte textile Kette für Naturfasern vom biologischen Anbau bis zum Endprodukt. Synthetikfasern sind ausgeschlossen, weil sie viel Energie und nicht erneuerbare Rohstoffe verbrauchen.» Bewusst wird in Kauf genommen, dass nur eine eingeschränkte Palette an Qualitäten und Produkten berücksichtigt werden kann. Das Siegel berücksichtigt die gesamte textile Produktionskette nach ökologischen Kriterien und nach sozialer Verantwortung.
Weiterführende Infos: Naturtextil Best
3. Made in Green
Herausgeber: OEKO-TEX® Association für schadstoffgeprüfte Textilien und Lederprodukte
Kriterien: Ökologie, Soziales, Fair Trade, Gesundheit, Herkunft
«Das Label aus der Oeko-Tex-Familie hat sich zu einem strengen Standard für Textilien entwickelt», urteilt Greenpeace. Die Endprodukte – egal welcher Faser – sind nach Oeko-Tex Standard 100 schadstoffgeprüft, aber «Made in Green» geht weit über den «Standard 100» hinaus (also nicht miteinander verwechseln!). Ausserdem wird gewährleistet, dass das Produkt mit nachhaltigen Prozessen und unter sozialverträglichen Bedingungen hergestellt wurde. Made in Green by Oeko-Tex prüft alle Arten von Textilien, d.h. nicht nur Bekleidung, sondern auch Heimtextilien und Lederprodukte in allen Stufen und inklusive Zubehör.
Weiterführende Infos: Made in Green
4. Bluesign
Herausgeber: Firma Bluesign Technology AG für umweltverträglich hergestellte, schadstoffarme Textilprodukte
Kriterien: Ökologie, Soziales, Gesundheit
Die Bluesign Technologies AG wurde 2000 in der Schweiz gegründet und hat ihre Wurzeln in der Textilchemie. Bluesign regelt sehr umfassend für die gesamte Herstellungskette die Risiken von Chemikalien. Mindestens 90 Prozent eines textilen Produkts muss Bluesign-zertifiziert sein, um das Label tragen zu dürfen. Dazu gehören auch die Innen- und Aussenschichten eines Kleidungsstücks inklusive der Drucke. Auch ein Drittel der Zutaten wie Reissverschlüsse, Knöpfe und Stickereien müssen Bluesign-zertifiziert sein.
Weiterführende Infos: Bluesign
5. Cradle to Cradle
Herausgeber: Cradle to Cradle Products Innovation Institut für umweltgerechte und kreislauffähige Materialien und Produkte
Kriterien: Ökologie, Soziales, Gesundheit, Herkunft
Das Siegel Cradle to Cradle vergibt eine non-profit Organisation, die die Sicherheit, Gesundheitsverträglichkeit und Nachhaltigkeit von Produkten verbessern will. Das Siegel wird in verschiedenen Stufen, je nach Erfüllung der Anforderungen, ausgegeben (Basic, Bronze, Silver, Gold, Platinum). Die Produkte werden nach fünf Kategorien bewertet: Materialgesundheit, Wiederverwendung, erneuerbare Energien, soziale Fairness und Wasser. C2C-Produkte gelten als besonders umweltsicher, gesundheitlich unbedenklich und kreislauffähig.
Weiterführende Infos: Cradle to Cradle
Übrigens, eine einfache Möglichkeit nachhaltiger Kleidung zu kaufen ist Secondhand. Denn wenn du Secondhand-Mode kaufst, verlängerst du die Lebenszeit von Textilien. Das freut auch die Umwelt.