Leinen: für luftig-leichte Sommerkleidung
Leinen ist atmungsaktiv, feuchtigkeitsregulierend, wirkt im Sommer kühlend und ist sehr strapazierfähig. Ausserdem ist es ein sehr nachhaltiger Stoff. Und es gibt noch weitere Gründe, warum du mehr darüber erfahren solltest.
Hast du auch schon einmal über etwas «geflachst»? Oder das Verhalten deiner Kolleg*innen mit anderen «durchgehechelt»? Bist du schon einmal «ins Blaue» gefahren und ist dir schon mal der «Geduldsfaden» gerissen? Wenn ja, dann hast du in Leinen-Sprache geredet, denn all diese Redewendungen stammen aus der Zeit, in der Europa noch einig Leinenland war und die blauen Blüten im Frühsommer die Landschaft prägten.
Die Fasern von Leinen, auch Flachs genannt, werden gehechelt, um sie zu Stoff verarbeiten zu können. Das heisst: Die Fasern werden durch eine Art grobe Metallbürste gezogen, um die Kurzfasern heraus zu kämmen und die Langfasern parallel auszurichten. Aus denen werden Fäden gesponnen und die wiederum zu Stoffen gewebt. Die Qualität eines Stoffes hängt dabei vor allem von Länge und Festigkeit der Fasern ab. Für diese Arbeit brauchten die Arbeiter*innen viel Geduld, sonst riss ihnen der Leinfaden ab.
Die grosse Stärke von Leinen: Cool an heissen Tagen
Vor allem in heissen Sommern zeigen Lieblingsstücke aus Leinen ihre Stärke: Die Fasern können bis zu 35% ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben – dann wirken sie kühlend. Leinen ist auch ein sehr hautfreundliches, glattes Material, deshalb wird es schmutz-, staub- und pollenabweisend. Weil es zudem bakterizid ist, muss es seltener gewaschen werden als andere Materialien. Und da es bei Hitze kühlt und bei Kälte wärmt wird Leinen mittlerweile auch für Sportkleidung genutzt.
Leinen wächst auch in Europa, das verbessert die Ökobilanz erheblich
Auch wenn der Anbau in den letzten 150 Jahren massiv zurückgegangen ist, weil Baumwolle Leinen den Rang abgelaufen hat, stammen immer noch rund 80 Prozent der Flachspflanzen aus Europa (vor allem Frankreich und Belgien), der Rest hingegen aus China. Sehr gute Qualitäten wachsen aber auch in den Niederlanden und Norddeutschland. Man bemerke: Solch kurze Transportwege sind gut für die Ökobilanz. Leinen ist eine genügsame, robuste, schnell wachsende Pflanze. Sie braucht nur wenig Wasser, sodass europäische Bauern auf künstliche Bewässerung verzichten können. Auch das ist nachhaltig.
Eine runde Sache: Der Kreislauf der Leinenpflanze
Allerdings ist die Herstellung von Leinen recht aufwendig – daher der relativ hohe Preis. Wenn die Pflanzen mindestens einen Meter hoch sind und sich die Kapseln gelb gefärbt haben, werden sie mitsamt Wurzel aus dem Boden gezogen. Dann lässt man sie auf dem Feld liegen, sie verrotten bei Feuchtigkeit und Wärme und die holzigen Kerne und die Kapseln lassen sich entfernen. Was nicht gebraucht wird, bleibt liegen und kommt in den Kreislauf zurück – deshalb muss der Boden nur wenig gedüngt werden. Der konventionelle Leinen-Anbau braucht weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel als andere Materialien; der kontrollierte biologische Anbau (k. b. A) kommt ganz ohne aus.
Leinöl essen und Gesundheit tanken
In den Kapseln sind übrigens die Leinsamen. Sie sind nicht nur das Saatgut für’s nächste Jahr, sondern werden für Brot oder Müesli verwendet, denn sie sind reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen. Leinöl wird in der Küche genutzt, etwa zu milchhaltigen Speisen wie Quark. Es findet aber auch Verwendung in Farben, Holzschutzmitteln oder als Korrosionsschutz.
Langlebiges Leinen, in diesem und im nächsten Leben
Leinenstoffe selbst sind auch nachhaltig: Sie sind langlebig, bleichen nicht aus und behalten auch nach vielen Jahren ihre feste Struktur. Sie nutzen sich weniger schnell ab als etwa Baumwolle und sind pflegeleicht. Ausserdem ist Leinen vollständig abbaubar, kann aber auch ein zweites Leben als Putzlappen oder Tuch leben. Es wird ohnehin auch für Bettwäsche, Schuhe, Taschen, Geschirr- und Tücher aller Art, Bucheinbände und – genau: Leinwände gebraucht. Tatsächlich: Unsere Sprache beweist, wie weit verbreitet die Pflanze einst in Europa war.
Wie pflegt man Leinenkleider richtig?
Leinen ist knitteranfällig und empfindlich gegenüber trockener Hitze. Aber häufiges Waschen mit viel Wasser macht das Gewebe sogar weicher und geschmeidiger. Am besten weichst du Leinensachen vor dem Waschgang ein, wäschst im Schongang und mit niedriger Schleuderzahl und lässt die tropfnasse Wäsche noch eine Weile in der Trommel liegen. Denn Reiben und Schleudern kann Leinen nicht so gut leiden. Trockne die Stücke nicht im Trockner und lasse sie an einem etwas feuchten Ort trocknen, etwa im Badezimmer. Dann hängen sich auch die Falten aus. Wenn nicht, solltest du die leicht feuchte Kleidung auf links drehen und mit Dampfbügeleisen oder unter einem nassen Tuch bügeln. Dann wirst du lange Freude an deinen Leinenlieblingsstücken haben.
Weil Leinen so langlebig ist, lohnt es sich natürlich auch, nach guten Second-Hand-Stücken zu suchen. Das schont nicht nur dein Portemonnaie, sondern auch die Umwelt.