Wollkleider: Toll, aber heikel?
Seit mehr als 10.000 Jahren verarbeitet der Mensch Wolle zu wärmender Kleidung. Doch so nachhaltig der Stoff auch wirken mag, oft müssen Tiere dafür leiden. Aber wenn du diese Tipps beachtest, hast du lange etwas von deinem Lieblingsstück.
Wolle wärmt bei tiefen und kühlt bei hohen Temperaturen. Denn je nach Wollsorte sind die Fasern mehr oder weniger stark gekräuselt. Dadurch kann im Gewebe oder -gestrick Luft eingeschlossen werden. Diese Luft speichert die Wärme und schützt vor Temperaturschwankungen. Gleichzeitig kann Wolle bis zu 35 Prozent ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen – egal, ob die nun als Schweiss von innen oder als Regen von aussen kommt – und sich trotzdem trocken anfühlen. Sie ist also eine «regelrechte Klimaanlage für den Körper», wie der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) schreibt. Mehr noch: Das Lanolin genannte Wollfett, das auch die Schafe gegen Nässe schützt, ist wasser- und schmutzabweisend. Um diese natürliche Schmutzbarriere nicht zu zerstören, solltest du die guten Stücke nicht zu oft waschen.
Wolle ist ein Natur-, aber auch Massenprodukt
Leider trügt aber die Vorstellung, dass Kleidung aus Wolle automatisch nachhaltig sei. 2018 produzierten laut der International Wool Textile Organisation (IWTO) mehr als eine Milliarde Schafe weltweit mehr als eine Million Kilogramm Wolle. Wolle ist also zwar ein Natur-, aber auch ein Massenprodukt. Das hat Folgen für Tier und Natur, führt etwa zu Praktiken wie Mulesing und Sheep Dipping.
Wolle, Mohair, Alpaka: Woher kommt Wolle eigentlich?
Wolle wird aus dem Fell von Schafen oder Lämmern gewonnen, die mindestens einmal jährlich geschoren oder ausgekämmt werden (meist im Frühsommer). Verschiedene Rassen geben verschiedene Wollqualitäten: Mohairschafe liefern Mohair-, Merinoschafe Merinowolle. Und Angorakaninchen kommt von Angorakaninchen.
Merinowolle von Merinoschafen wird oft für Unterwäsche und Sportkleidung verwendet, weil sie sehr fein ist. Die Wolle von europäischen Schafen wird auf Grund ihrer gröberen Struktur meist eher für Jacken, Decken und Bettwaren verwendet (mehr erfahren).
Marken aus Australien meiden
Merinoschafe sind darauf gezüchtet, viel Wolle zu haben. Statt wie alte Rassen fünf Kilo tragen sie bis zu zehn Kilo Wolle mit sich herum. Die Folge: Die Haut ist übergross und bildet Lappen. Zwischen diesen Hautlappen nisten sich vor allem um den Schwanz herum häufig Parasiten wie Fliegenmaden an. Beim sogenannten Mulesing werden diese Hautlappen entfernt.
Während Mulesing schon länger ein Thema ist, ist «Sheep-Dipping», das Tauchen der Schafe in Desinfektionsbäder, noch eher unbekannt. In Ländern mit grosser Wollproduktion wie Australien, Neuseeland oder Grossbritannien ist das eine Standardprozedur. Die Schafe werden dabei oft von einer Maschine in die Flüssigkeit gedrückt. Zwar gibt es auch Möglichkeiten, die Pestizide als Sprays, Ohr-Clips, Pour-ons oder per Injektion zu verabreichen, aber das ist noch eher unüblich. Denn die Tiere müssen gegen Parasiten behandelt werden, auch auf Ökobetrieben. Allerdings ist dort wenigstens gewährleistet, dass die Prozedur für die Tiere möglichst stressfrei abzulaufen hat.
Gänzlich meiden solltest du Produkte aus Angora. Die stammen nämlich von Angorakaninchen, die nicht geschoren, sondern drei- bis viermal im Jahr unter Schmerzen gezupft werden. Meist kommt die Wolle aus China, wo die geselligen Tiere ungenügend geschützt und in zu engen Käfigen allein gehalten werden.
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Pflegetipp: So solltest du Wolle und Wollkleider waschen
- Wolle muss nicht so oft gewaschen werden wie andere Textilien. Oft reicht es, wenn du sie nach dem Tragen für einige Stunden an die Luft hängst.
- Willst du sie doch einmal waschen, Knöpfe und Verschlüsse schliessen, dass sie keine Fäden aus dem Gewebe ziehen.
- Handwäsche mit Wollwaschmittel oder milde Shampoos, diese anschliessend gut ausspülen.
- In der Waschmaschine unbedingt Wollwaschgang nutzen. 30° C Maximum
- Auf ein Handtuch legen, aufrollen und die überschüssige Flüssigkeit vorsichtig ausdrücken.
- Nicht auswringen oder zu stark verdrehen und an der Luft und im Liegen trocknen, sonst leiert das gute Stück aus.
- Deshalb besser auch liegend aufbewahren.